Ja, ich will auf Eritreisch – Kebra und Daniel über ihre Geschichte
Kebra und Daniel sind eins unserer Lieblingspaare! Wir haben sie schon Mal auf ihrer Hochzeit in Stuttgart begleitet. Nun wollten mehr über sie erfahren und haben jeden der beiden ein wenig mehr ausgefragt …
Wie habt ihr euch kennengelernt?
Daniel:
Auch wenn wir uns das manchmal nicht gerne eingestehen, wurden wir von einem gemeinsamen Bekannten mehr oder weniger verkuppelt. Ich stand kurz vor meinem Studienabschluss und hatte eigentlich keine Lust auf komplizierte Bekanntschaften aus über 500 km Distanz. Als ich dann jedoch die Möglichkeiten genutzt habe, die die sozialen Netzwerke so bieten, war ich dann aber doch neugierig und ehe ich mich versah, saß ich im Zug nach Stuttgart.
Kebra:
Ein langjähriger Bekannter, der uns beide gut kennt, war der Meinung, wir würden sehr gut zusammenpassen, hat uns einander vorgestellt. Am Anfang war ich (und Daniel auch, wie sich später herausstellte) sehr skeptisch, da ich überzeugt war, dass andere ohnehin nicht mein perfektes Gegenstück finden können. Aber… Ich wurde vom Gegenteil überrascht und habe nun seit über fünf Jahren, den Mann an meiner Seite, bei dem ich mich angekommen und Zuhause fühle.
Wann habt ihr geheiratet und wie?
Daniel:
Wir haben Mitte Mai im Abstand von wenigen Tagen standesamtlich und kirchlich geheiratet. Die moderne katholische Kirche war auf einer Höhenlage in Stuttgart Mitte mit einem schönen Blick auf den Stuttgarter Kessel, was vor allem für die ganzen Nordlichter ein Highlight war. Die Trauung selber wurde von einem humorvollen und sympathischen Pfarrer aus unserem Stadtteil gehalten, der diese sehr persönlich gestaltet hat. Zusammen mit der musikalischen Begleitung der A Capella Band und den engsten Verwandten und Freunden, wurde die Zeremonie für uns unvergesslich.
Kebra:
Da für uns beide die kirchliche Trauung der Fokus und Tag der Hochzeit war, legten wir die standesamtliche Trauung wenige Tage davor, sodass die Familie aus Hannover nicht zweimal anreisen muss. Am 10. Mai haben wir dann im engsten Kreise der Familie und mit unseren Trauzeugen eine kleine Familienfeier genießen können. Da konnten wir nochmal richtig Energie laden bevor der letzte Vorbereitungsstress für die große Feier, welche drei Tage später stattfand.
Gott sei Dank, waren uns da unsere Geschwister, Eltern und Freunde eine Riesenhilfe, da wir vom Sektempfang der Kirche bis zu der Tischdeko in der Location alles selber organisiert haben. Durch unsere wundervollen Helfer, hab ich sogar die Tage der Vorbereitung noch in toller Erinnerung als ein großes, besonderes Hochzeitswochenendeerlebnis. Die kirchliche Trauung selber fand in Stuttgart Mitte statt mit einer wunderschönen Aussicht auf die Stuttgarter Innenstadt.
Dort konnten wir nach unserem ‚Ja-Wort‘ bei einem Sektempfang die Aussicht genießen und haben uns reich beglückwünschen lassen. Da bei uns eritreische Hochzeiten immer mit viel Freude, Spaß und Musik gefeiert wird, wurde auch vor der Kirche und der himmlischen Kulisse Musik aufgedreht und spontan die Tanzmoves ausgepackt. Nach der Kirche ging es dann weiter in die Location, welche direkt am Neckar gelegen mitten im Grünen sehr ruhig und idyllisch lag. Dort wurden wir typisch eritreisch empfangen bis es zum Essen – ein Mix aus mediterraner Küche, Showcooking und eritreischem Essen – ging. Voll gestärkt wurde natürlich direkt weiter gefeiert und getanzt, abwechselnd zu eritreischer Musik von der Band und Hip-Hop vom DJ.
Verlief die Hochzeit traditionell? Was sind typisch eritreische Traditionen?
Daniel:
Die Hochzeit verlief wie unser Leben, ein Mix aus deutscher und eritreischer Kultur. Eine typisch eritreische Tradition ist z.B. der Einzug des Brautpaars, welches immer ein Highlight auf eritreischen Hochzeiten ist. Das Brautpaar wird im Grunde von der gesamten Hochzeitsgesellschaften vor der Location empfangen. Dabei bilden sich zwei Gruppen, zum einen die männlichen Verwandten, die mit einer Art Rüstung und Gewändern singend das Brautpaar empfangen. Zum Anderen die weiblichen Verwandten, die mit Trommeln und Blumen ebenso ein Willkommenslied singen. Auf diese Art wird man bis auf die Tanzfläche begleitet, wo die Band den musikalischen Teil übernimmt und direkt die erste Runde getanzt wird (wie gesagt, wir tanzen viel J) Ansonsten sind typisch eritreische Bräuche/Traditionen, das Essen, Musik und Tanz.
Kebra:
Da wir beide in Deutschland geboren sind, war es uns wichtig eine Balance zwischen beiden Kulturen zu finden. So fand beispielsweise die kirchliche Trauung auf deutsch statt mit einer Acapella Band, die auf Englisch gesungen hat, jedoch wurden auch eritreische Kirchenlieder und Gebete in die Trauung integriert. Ebenso wurde an einigen anderen traditionellen Bräuchen festgehalten, wie z.B. dass das Brautpaar nach der Trauung mit Popcorn beworfen wird (nicht Reis wie in Deutschland), oder dass der Einzug des Brautpaars in die Location mit viel Musik, Tanz und Blumen gefeiert wird. Ich finde diese Traditionen total schön, weil es einfach so viel Lebensfreude und Spaß vermittelt und eben ansteckt.
So wurde auch der Anschnitt der Hochzeitstorte mit einem klassischen Lied von der Band begleitet, natürlich haben aber auch alle anderen und wir mitgesungen, da das ein Klassiker ist. Man merkt schon, eritreische Traditionen bei der Hochzeit beinhalten sehr viel Musik und Tanz J Abends, kurz vor Mitternacht, haben wir uns dann noch umgezogen in traditionelle Kleider und haben dann vor dem umdekorierten Brautpaartisch zu typisch eritreischen Liedern bis in die Morgenstunden getanzt.
Wann kam eure Familie nach Deutschland?
Daniel:
Meine Eltern kamen ungefähr zeitlich mit Kebras Eltern nach Deutschland, nur an den nördlichen Teil Deutschlands, also sind sie eingefleischte Hannoveraner.
Kebra:
Meine Eltern sind ebenfalls vor ca. 35 Jahren nach Deutschland gekommen. Seit dem leben sie mit meinen Geschwistern in Stuttgart, richtige Schwaben eben 🙂
Wie wichtig sind euch eure Wurzeln?
Kebra und Daniel:
Die Wurzeln sind uns sehr wichtig, weil die Werte und Traditionen mit denen wir aufgezogen wurde, uns zu dem heutigen Menschen gemacht haben, die wir sind. Es ist sehr kostbar, wenn man aus zwei Kulturkreisen lernen kann und sich so im Leben immer weiterentwickelt. Die Kultur immer zu bewahren ist aber gar nicht so einfach. Das eritreische Alphabet mit seinen über 245 Buchstaben habe ich (Daniel) immer noch nicht wirklich darauf. Was natürlich immer etwas von unserer zweiten Heimat aufleben lässt ist das Essen, wie z.B. das unglaublich leckere Injera! Es ist schön, alles miteinander teilen zu können, was bewahrt werden kann. Diese Kleinigkeiten verbinden Daniel und mich, auch wenn es nur das ‚i- Tüpfelchen‘ unserer Beziehung ist.
Bilder : Filipp Romanovsij
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